Fußballfans und Hooligans in Hannover. Struktur, Wandlungen, Bedingungen und sozialpädagogische Erreichbarkeit der Fußballfan- und Hooliganszene
Leitung: Prof. Dr. Gunter A. Pilz
Mitarbeiter(innen): Sven Achilles, Volker Siebels (Sozialarbeiter im Fan-Projekt), Peter Eisler (Amt für Jugend und Familie der Stadt Hannover )
Online-Publikation: Fußballfans und Hooligans in Hannover. Struktur, Wandlungen, Bedingungen und sozialpädagogische Erreichbarkeit der Fußballfan- und Hooliganszene, (PDF)
Zusammenfassung:
Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung des seit über 15 Jahren bestehenden sozialpädagogisch ausgerichteten Fußballfan-Projektes werden die Entwicklungen und Wandlungen der Fußballfanszene in und um Hannover dokumentiert und gewaltpräventive, sozialpädagogische Maßnahmen erprobt.
In den letzten zwei Jahren ist eine Ausdifferenzierung der Fanszene in dem Sinne zu beobachten, dass sich zwischen die traditionelle "Kuttenszene" und die "Hooligans" eine neue, immer stärker werdende Gruppe mit zum Teil sehr stark ausgeprägtem "rechtem Potenzial", die sogenannten "Ultras" schiebt. Diese Gruppe hat sich in den Stadien vor allem der Inszenierung und Entwicklung von Choreographien vor und während der Fußballspiele verschrieben mit dem nach außen hin proklamierten Ziel, die mehr und mehr verlorengehende traditionelle Stimmung und Atmosphäre wieder in die Stadien und vor allem die Fanszene zurückzuholen. Hinter diesen Bemühungen verbergen sich jedoch auch versteckte und offensichtlich auf fruchtbaren Boden fallende Versuche die Fußballfanszene rechts, fremdenfeindlich und rassistisch zu vereinnahmen. Während diese Gruppe bei Heimspielen nur durch sehr verdeckte, subtile Formen der Fremdenfeindlichkeit auffällt und sich in der Tat sehr stark um die Choreographie der Fanbegeisterung bemüht, tritt sie bei Aufwärtsfahren durchaus auch offen fremdenfeindlich und zum Teil gewalttätig auf. Die Mitglieder dieser Gruppe stammen nicht wie die Kuttenfans überwiegend aus den unteren Schichten und gehören somit auch weniger zu den sozial Deprivierten, sie rekrutieren sich vielmehr aus der Mittelschicht und repräsentieren somit angepaßt wirkende Realschüler und Gymnasiasten.
Die präventiven Maßnahmen und sozialpädagogische Intervention zeigen durchaus Erfolge. Insgesamt zeigt sich jedoch, dass die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen präventive und interventive Maßnahmen immer wieder überlagern. Sozialpädagogische Arbeit ist so besehen immer auch ein Gutteil Institutionenarbeit, politische Einflußnahme und Verwies auf strukturelle Problemfelder.
Literatur:
PILZ, G.A./SENGEBUSCH, K.: Hooligans und Skinheads. Die neuen Rechtsaußen der Nation? In: PAUL, G. (Ed.): Hitlers Schatten verblaßt. Die Normalisierung des Rechtsextremismus. Bonn (Dietz) 1989, 79-100
PILZ,G.A.: Gratwanderung für Fans und Polizei. Fans zwischen Ritual und Gewalt. In: Deutsches Polizeiblatt 1990,4, 3-8
PILZ, G.A.: Fußballfans und Hooligans in Hannover. Struktur, Wandlungen, Bedingungen und sozialpädagogische Erreichbarkeit der Fußballfan- und Hooliganszene. Zwischenbericht der wissenschaftlichen Begleitung des Fan-Projekts Hannover. Hannover 1991
PILZ,G.A.: Aufsuchende, "akzeptierende" Jugend(sozial)arbeit mit gewaltfaszinierten, gewaltbereiten und "rechten" Jugendlichen. Ergebnisse und Perspektiven aus Forschung und praktischer Arbeit mit Fußballfans und Hooligans. Hannover 1993
PILZ; G.A.: Fußballfans zwischen Verständnis und Verachtung. Kritische Anmerkungen zum Gewaltgutachten der Bundesregierung. In: WINKLER,J./WEIS,K. (Hrsg.): Soziologie des Sports. Theorieansätze, Forschungsergebnisse und Forschungsperspektiven. Opladen 1995, 107-124
PILZ, G.A.: Weibliche Fan-Gruppen im Sport. Zur Rolle von Mädchen und Frauen in der gewaltfaszinierten und gewaltbereiten Hooliganszene. In: BERNDT,I./VOIGT,U. (Red.): Fair play für Mädchen und Frauen im Sport? Frankfurt 1995
PILZ, G.A.: Social Factors Influencing Sport and Violence: On the "Problem" of Football Hooliganism in Germany. In International Review for the Sociology of Sport. 31,1996,1,49-68
PILZ, G.A.: Gewalt im Umfeld von Fußballspielen - Ursachen und Möglichkeiten der Prävention. In: BIERHOFF, H.-W./WAGNER,U. (Hrsg.): Aggression und Gewalt - Phänomene, Ursachen und Interventionen. Stuttgart 1998, 128-144
DEITERS,F.-W./PILZ, G.A.(Hrsg.): Jugendsozialarbeit mit gewaltbereiten, rechten jungen Menschen: Aufbruch aus einer Kontroverse. Münster 1998
PILZ, G.A. "Deutschland den Deutschen" - Gedanken und Fakten zu Fremdenfeindlichkeit und Rassismus in der Fußballfan- und Hooliganszene (im Druck)